Eine Karfreitagsliturgie

Für die Amtskirche, die sich gerade selbst ihr eigenes Grab zu graben scheint.

Für die Kirche als Gemeinschaft, in der manchmal etwas Totengräberstimmung zu herrschen scheint.

Wir beten für alle, die von den Sparmaßnahmen in der Diözese Würzburg betroffen sind.

Für alle Teams und Gemeinden, in denen Stellen gestrichen oder nicht mehr besetzt werden. Für alle, die an ihren Baustellen nicht weiterarbeiten können, weil das Geld fehlt.

Wir beten aber auch für alle, die ehrenamtlich anpacken und helfen, an einer besseren Welt zu bauen und im Geiste Jesu zu leben, und für die, die dabei ausgebremst werden.

Alle nehmen wir ins Gebet, die dabei sind, ihren Glauben umzugraben, um den Schatz im Acker neu zu finden.

Wir beten für Papst Franziskus und für alle, die um der Einheit Willen immer wieder zwischen Stop and go entscheiden müssen.

Für alle Religionsführer, die die Verantwortung dafür tragen, dass dem Machtmissbrauch gerade im religiösen Bereich Grenzen gesetzt werden.

Für alle, deren Stopschilder überfahren wurden und die sexuell, geistig oder körperlich missbraucht wurden.

Für alle, die sich ausgebremst fühlen, und denen andere auf der Bremse stehen, wenn sie nötige Reformen angehen wollen.

Wir beten für die, die an Kirchlichem Reformstau und gesellschaftlichen Diskriminierungen leiden: Vor allem beten wir für die Frauen, die sich in Maria 2.0 einsetzen, und für alle Homosexuellen, die das Schreiben aus Rom als Schlag ins Gesicht ansehen: Dass sie nicht in endlosem Kreisverkehr der Argumente und Gegenargumente aufgerieben werden.

Wir beten für alle, die sich im Hamsterrad des Alltags die Beine ausreißen. Für ihre Familien, für die Katechese, für die Gemeinden, für Notleidende, für den Umweltschutz.

Für alle, die an Burnout leiden, und die das Gefühl haben immer mehr hohl zu drehen. Für alle, die mit der Welt, die sich immer schneller dreht, nicht zurechtkommen.

Wir beten für alle, die aussteigen wollen aus den Gräbern der Angst und der Verzweiflung, der Sucht und der Sinnlosigkeit, der Enge des Denkens und aus den Gräbern der Gottverlassenheit.

Für alle, die sich auf die Taufe vorbereiten und aus dem Wasser der Taufe in eine neue Gottverbundenheit steigen wollen.

Auch beten wir für alle, die das Weite suchen aus einem zu engem Gottesbild, dass sie nicht in der Gottlosigkeit enden, sondern in der Weite von Gottes Größe.

Wir beten für alle, deren Tischtuch zerschnitten ist.

Für die Einheit der Christen: Dass wir Tischtücher zu nähen verstehen, die in grauer Vorzeit zerschnitten wurden.

Für alle Familien, die in Streit und Trennung leben, und für Kinder und Jugendliche, die schwer damit klarkommen.

Für die Menschen in den Staaten, bei denen ein großer Riss durch die Bevölkerung geht, die polarisiert sind, und auch für Europa, dass es wieder eine neue Bewegung aufeinander zu gibt.

Für die Länder, in denen Bürgerkriege entbrannt sind. Vor allem beten wir für die Menschen in Syrien, Nigeria, Myanmar, Jemen und Honkong.

Für die Menschen in den Ländern, die sich durch Mauern und andere Mittel wie Frontex an den Außengrenzen abschotten.

Schließlich beten wir auch für alle, die im Unfrieden leben, innerlich zerrissen und mit sich selbst nicht eins sind.

Wir beten für alle, die immer wieder an den Pranger gestellt werden. Für alle, die unter Antisemitismus und Rassismus leiden.
Für alle, die zu Sündenböcken gemacht werden.

Für alle zu unrecht Gefangenen beten wir. Vor allem für die Gefangenen, die noch immer in Guantanamo gefangen sind, für die Uiguren in chinesischen Umerziehungslagern und für Menschenrechtsaktivisten, die in Russland gefangen sind.

Für alle, die in der Türkei gefangen sind, weil sie für eine freie Pressearbeit eintreten. Für alle, die gefangen sind in ihren eigenen Gefühlen, Depressionen und Ängsten.

Wir beten für alle, deren Herzen durchbohrt sind.

Für die, die um einen Menschen trauern oder um eine Liebe, die unerfüllt bleiben muss.
Für alle, die nicht an die Menschwerdung Gottes glauben können, weil sie keinen Menschen haben, von dem sie sich geliebt fühlen.

Für alle, die nicht glauben können, dass die Liebe in unserer Welt Hand und Fuß hat, weil sie von klein auf nicht das Gefühl vermittelt bekommen haben, geliebt und erwünscht zu sein.

Für alle, die im Stimmengewirr der Zeit nicht mehr wissen, in welcher Richtung es noch in Richtung Himmel geht.

Wir beten für alle, die an der Liebe vorbei leben.

Für die, die nicht glauben wollen oder können, dass Gott die Liebe ist.

Für alle, deren Gott das Geld und der Profit sind.

Wir beten für die, welche Gott nur philosophisch betrachten, und für die, die Gott im Weltall nicht finden können sowie ihn im Herzen nicht suchen....

Für Menschen, die sich als Agnostiker bezeichnen, und sich keine Aussage zutrauen über Gott: Dass sie die Erfahrung machen können, dass das Experiment des Glaubens ein lohnendes Wagnis des Herzens ist.

Wir beten für die Regierenden, die auf Kosten ihres Volkes leben, aber auch für die, die wirklich dem Volk dienen.

Für alle, die sich aufführen wie die Kings.

Für die Aktionäre und Gewinner des Systems, die angeblich das Geld für sich arbeiten lassen – aber verschweigen, dass dahinter immer Menschen, Tiere oder Geschöpfe Gottes stehen.

Für alle Männer, die sich wie Paschas fühlen, und sich von den Frauen tragen lassen. Für alle Priester, die sich von den Frauen tragen lassen.
Für alle, die Hierarchie als Machtmittel missbrauchen.

Wir beten für alle, die Not leiden und deswegen über das Mittelmeer flüchten.

Für die, die aus irgendeinem Grund ins Rudern kommen oder ganz alleine ums Überleben kämpfen.

Für alle, denen das Wasser bis zum Hals steht.

Für jene, die durch den Corona-Virus liebe Menschen, ihre Nerven oder ihre Existenzgrundlage verloren haben.

Für alle, die sich mutterseelenallein fühlen auf dem Ozean der Zeit, denen der Körperkontakt und die Gemeinschaft fehlen.

Wir beten für das Klima auf unserer Erde und für alle, die heute schon durch den Klimawandel bedroht sind.

Wir beten für die Geschöpfe, denen wir – wie Corona - den Krieg erklärt haben. Wir beten für alle ausgestorbenen Pflanzen- und Tierarten.

Auch beten wir für die Tiere, die nur als Fleischproduktionsmaschine gehalten werden, die unter unwürdigen Bedingungen auf langen Tiertransporten in billige Schlachthöfe gefahren werden.

Für die nahezu drei Millionen Tiere, die im vergangenen Jahr allein in Deutschland für wissenschaftliche Tierversuche eingesetzt oder zu diesem Zweck getötet wurden.